Soziale Teilhabe

Charlottenburg-Wilmersdorf ist der sozial am stärksten gespaltene Bezirk in Berlin – wie der auf Grund unserer Forderung aufgelegte  bezirkliche Reichtumsbericht zeigt. Wir müssen Bewohner:innen in angespannten Kiezlagen besser unterstützen und hier soziale Infrastrukturen ausbauen. In den letzten drei Jahren hat sich die Zahl der Wohnungslosen in unserem Bezirk vervierfacht. Die Wohnungslosenstätte City Station ist unterfinanziert, die Bahnhofsmission am Zoo platzt aus allen Nähten – nur 150 m Luftlinie entfernt steht das Hotel Waldorf Astoria, das nie mehr als zur Hälfte ausgelastet ist. Wir finden uns mit dieser sozialen Ungerechtigkeit nicht ab. Wir setzen uns dafür ein, dass der Bezirk Wohnungen für Geflüchtete errichtet und lösungsorientiert mit der zuständigen Senatsverwaltung zusammenarbeitet. Außerdem fordern wir ein Pilotprojekt zur Aussetzung von Hartz IV-Sanktionen. Mit der Gängelung und Existenzbedrohung von Leistungsempfänger:innen muss Schluss sein!

Unsere Initiativen zu sozialer Teilhabe:

Einsatz der Bundeswehr im Gesundheitsamt

Schriftliche Anfrage, BV Juckel vom 06.10.2020, Antwort vom 25.02.2021

Das Bezirksamt beantwortet die Schriftliche Anfrage wie Folgt:

1. Wie viel Personal der Bundeswehr wird derzeit im Gesundheitsamt in welchen Bereichen eingesetzt? Wie viele Wochen beträgt ihre individuelle Einsatzzeit, bevor sie von der Bundeswehr zurückbeordert werden?

Bis zum 27.09.2020 waren 5 Bundeswehrkräfte in der Pandemie-Bekämpfung eingesetzt. Am 28.09.2020 wurden weitere 15 Bundeswehrkräfte zur Verfügung gestellt, die am 02.10.2020 um weitere 7 Bundeswehrkräfte erweitert wurden. Zurzeit sind 30 Bundeswehrkräfte im Gesundheitsamt zur Unterstützung bei der Pandemie-Bekämpfung im Einsatz. Diese bleiben in der Regel vier Wochen und werden dann ausgetauscht.

2. Welche konkreten Aufgaben übernimmt das Personal der Bundeswehr bei der Eindämmung von Covid-19 (bei der Kontaktverfolgung, Quarantäneanordnung, beim Abstrichmanagement etc.) im Gesundheitsamt und welche konkreten Aufgaben bleiben ihnen aufgrund welcher fehlenden Befugnisse oder fachlichen Fähigkeiten verwehrt?

Die Bundeswehrkräfte werden in der Hotline, in der Verwaltung zur Eingabe von Daten, in der Kontaktnachverfolgung, zur Mitteilung der Negativbefunde und im Abstrichteam eingesetzt. Ihnen ist die Aussprache einer Quarantäneanordnung verwehrt, da es sich um eine hoheitliche Aufgabe des Landes handelt. Vielmehr können sie auf die bestehende Allgemeinverfügung verweisen, in der die Vorgehensweise für Betroffene und Kontaktpersonen geregelt ist.

3. Welche notwendigen Vorerfahrungen hat das im Gesundheitsamt eingesetzte Personal der Bundeswehr und über welchen Zeitraum erstreckt sich die Einarbeitung?

Die Bundeswehr stellt Kräfte unterschiedlicher Einheiten zur Verfügung. Für das Abstrichteam z. B. 3 Sanitätskräfte und 4 Verwaltungskräfte. Zum Teil verfügen auch Soldaten in anderen Teams über eine Fortbildung als Sanitäter. Ein Team hatte vor dem Einsatz im Gesundheitsamt am Flughafen Frankfurt die Ausreisekarten deutschlandweit verteilt und war somit thematisch gut für den Einsatz zu den Ausreisekarten vorbereitet.

4. Ist das Gesundheitsamt an der Organisation des Bundeswehr-Einsatzes beteiligt?Wenn ja, wie? a) Kann das Gesundheitsamt Personalbedarf an die Bundeswehr melden? Wurde seit Beginn der COVID-19-Pandemie Personalbedarf vom Bezirksamt an die Bundeswehr gemeldet? b) Wie wird das Gesundheitsamt Charlottenburg-Wilmersdorf über die Einsatzplanung des Bundeswehr-Personals seitens der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung informiert und ggf. beteiligt?

Nein, das Gesundheitsamt ist nicht an der Organisation des Bundeswehr-Einsatzes beteiligt. Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung ruft die Personalbedarfe der bezirklichen Gesundheitsämter regelmäßig ab und stellt diese im Rahmen eines Amtshilfeersuchens zur Verfügung. Auf politischer Ebene haben insbesondere die Bezirksstadträte von Pankow, Neukölln, und Charlottenburg-Wilmersdorf von Anbeginn die Senatsverwaltung immer wieder gebeten, den Einsatz der Bundeswehr zu befördern. 

5. Mit wie viel Personal der Bundeswehr wird zukünftig im Gesundheitsamt gerechnet? Wie lange dauert die individuelle Abberufung der Bundeswehr für den Einsatz im Gesundheitsamt (bitte Angabe in Wochen) und wie werden die zukünftigen Aufgabenzuschnitte und Befugnisse aussehen?

Beginnend ab dem 01. März 2021 wird bis Ende Mai 2021 die Bundeswehr sukzessive abgezogen.

6. Bewertet das Bezirksamt den Einsatz von Bundeswehr-Personal im Gesundheitsamt unter den Bedingungen der zeitlichen Befristung auf wenige Wochen und der eingeschränkten Befugnisse der militärischen Kräfte als alternativlos gegenüber einer möglichen Unterstützung der Ämter durch zivile Kräfte (bitte begründen)? a) Welche Möglichkeiten der Unterstützung aus zivilen Einrichtungen resp. der zivilen Bevölkerung wurden für die Besetzung von Stellen im Gesundheitsamt seit Beginn der COVID-19-Pandemie mit welchem Ergebnis geprüft? b) Wie bewertet das Bezirksamt den Einsatz ausschließlich ziviler Kräfte im Gesundheitsamt wie in Friedrichshain-Kreuzberg?

Der Einsatz der Bundeswehrkräfte ist sehr kurzfristig möglich. Die Aufgaben können von zivilem Personal erledigt werden, das steht aber nicht in dieser Kürze der Zeit und dem benötigten Umfang zur Verfügung. Ferner reagierten die eingesetzten Kräfte sehr flexibel und in hohem Maße belastbar auf die sich ständig ändernde Lage.

a) Seit Beginn der Pandemie wurden folgende zivile Einsätze genutzt:

Abordnungen aus anderen Abteilungen

Einstellung mit befristeten Verträgen nach TV-L Berlin

Medis4ÖGD

Studierende an FU/TU/HUB

Containment-Scouts

Inspektorenanwärter*innen des Landes Berlin

b) Friedrichshain-Kreuzberg hat derzeit Bundeswehrkräfte im Einsatz.

7. Wie viele Stellen wurden bisher zusätzlich im zivilen Bereich durch das Bezirksamt im Gesundheitsamt für die Covid-19-Bekämpfung geschaffen (Bitte um Auflistung nach Form des Beschäftigungsverhältnisses, Einsatzfunktion innerhalb des Gesundheitsamts und Stellenanteile der Beschäftigten) und welcher Stellenaufwuchs ist zukünftig geplant? a) Wie viele dieser Stellen sind mit Studierenden besetzt oder stellen Sonderarbeitsverträge mit einer außertariflichen Bezahlung oder eine befristete Fachkräftezulage dar? b) Welche Möglichkeiten sieht das Bezirksamt für eine spätere Beschäftigung von militärischen Kräften in den bezirklichen Ämtern im Sinne der Personalgewinnung und -entwicklung? c) Welche Möglichkeiten sieht das Bezirksamt für eine spätere Beschäftigung von zivilen Kräften wie Student*innen in den bezirklichen Ämtern im Sinne der Personalgewinnung und -entwicklung?

Insgesamt wurden Mitarbeitende mit befristeten Verträgen nach TV-L Berlin im Umfang von 20,3 VzÄ bis 31.12.2020 gewonnen. Die Einsatzgebiete sind in der Hotline, im Abstrichteam, in der Kontaktpersonen-Nachverfolgung, sowie in der Betreuung medizinischer Einrichtungen und in der Beantwortung von schriftlichen Anfragen (Mailteam).

Für ein Pandemieteam des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf sind bei 5 Mitarbeitenden pro 20.000 Einwohner eine Größe von 86 VzÄ berechnet worden, d.h. es ist ein weiterer Aufwuchs im Umfang von 65,7 VzÄ erforderlich.

  1. Es sind 3,75 VzÄ mit Studierenden besetzt. Die anderen gefragten Beschäftigungsverhältnisse oder Zulagen bestehen nicht.
  2. Eine Beschäftigung militärischer Kräfte ist im Rahmen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) nicht vorgesehen. Ziel soll es sein, das Mustergesundheitsamt umzusetzen
  3. Der Einsatz von Studierenden medizinischer, aber auch anderer Fachrichtungen wie u.a. Medienwissenschaften, könnte perspektivisch das Interesse dieses Personenkreises für einen Einsatz im ÖGD stärken. Insbesondere das Medizinstudium enthält im Curriculum des Studiums keine Bestandteile zum ÖGD.

Aber eine unmittelbare Übernahme in künftige, perspektivisch unbefristete Beschäftigungsverhältnisse ist nicht möglich. Interessenten haben sich dann jeweils entsprechenden neuen Auswahlverfahren zu stellen.
Wie lange die Beschäftigtenvertretungen eine befristete Einstellung von Corona-Personal ohne Ausschreibungs- und sogar ohne Beteiligungsverfahren akzeptieren, bleibt abzuwarten. Sofern sich die Corona-Notwendigkeiten als dauerhafter Prozess verstetigen, ist davon auszugehen, dass dann auch wieder „geordnete“ Verfahren durchzuführen sind.

8. Wie viele Beschäftigte aus anderen Bereichen des Bezirksamts sind momentan im Gesundheitsamt zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie mit wie vielen Stellenanteilen und über welchen Zeitraum eingesetzt?

Seit März 2020 wurde situativ und jeweils nach verfügbaren Ressourcen gehandhabt, um die coronabedingt kurzfristige Anpassung bzw. erforderliche Flexibilität sicherzustellen. Zurzeit sind 43 Mitarbeitende aus anderen Abteilungen mit einem Stellenumfang von 34,95 VzÄ eingesetzt, die aus anderen Abteilungen als Personal(reserve) in das Gesundheitsamt zur Abordnung vorgesehen oder auch tatsächlich abgeordnet waren.

9. Strebt das Bezirksamt eine Zivilverwaltung ohne den Einsatz militärischen Personals an? Wenn ja, welche kurz- und/oder langfristigen Maßnahmen unternimmt es dafür? Wenn nein, warum nicht?

Ja, der Aufbau des Pandemie-Teams findet fortlaufend statt und soll so zeitnah wie möglich vollständig umgesetzt werden (s.a. Antwort zu Frage 5).

 

Mit freundlichem Gruß
D. Wagner