Unsere Anfragen in der BVV

Esel auf der Bühne der Deutschen Oper im „Barbier von Sevilla“

Schriftliche Anfrage BV Gronde-Brunner vom 07.12.2023; Beantwortung vom 09.02.2024

Sehr geehrte Frau Vorsteherin,

die Schriftliche Anfrage beantwortet das Bezirksamt wie folgt:

1. An welchen Tagen und zu welchen Proben und Aufführungen im Jahr 2023 hat die Deutsche Oper jeweils einen Esel wie lange als Darsteller eingesetzt? Bitte vollständige detaillierte Darstellung, inklusive Uhrzeiten. 

2. Warum wollte die Deutsche Oper statt dem lebenden Tier keine Attrappen/Stofftiere oder Menschen in einem Eselskostüm verwenden? 

3. Wo und wie wurde der Esel bei aufeinanderfolgenden Aufführungstagen untergebracht? 

a. Wie lautet der Name und die Anschrift der vermittelnden Firma? 

b. Besitzt die Firma eine §11-Zulassung entsprechend des Tierschutzgesetzes? Wenn ja - wann, wo und von wem ausgestellt? 

4. Hat die Oper eine § 11-Erlaubnis TierSchG? 

5. Wie häufig und wann und über welche Zeiträume wurde der Esel von wo nach wo transportiert? 

6. Wie fand der Transport jeweils im Detail statt (Transport zur Oper/Weg zur Bühne)? 

a. Gab es Vorfälle, dass der Esel die von ihm abverlangte Wegstrecke nicht leisten wollte?

Wenn ja, wie wurde darauf reagiert? Bitte detailliert ausführen. 

7. Lag eine Art „Notfallplan“ vor, falls sich der Zustand des Esels während der Aufführungen oder

zwischen den Aufführungen erkennbar verschlechtert hätte? 

a. Wenn ja – wie sah der detailliert aus? 

b. Wenn nein – warum nicht? 

8. Wie bewertet das Bezirksamt den Bildungs- und Kunstsauftrag der Deutschen Oper vor dem

Hintergrund der Nutzung eines lebenden Esels als Darsteller?

9. Auf welcher Grundlage hat die zuständige Amtstierärztin den Einsatz der Tiere trotz des erheblichen Stresses, dem der Esel durch Lärm, Aufenthalt und Bewegung ausgesetzt war, genehmigt? 

10. Wie ist der Auftritt des Esels mit dem Tierschutzgesetz zu vereinbaren? 

11. Welche Qualifikation kann die Amtstierärztin vorweisen, die den Auftritt des Esels genehmigt

hat? 

a. Liegen entsprechende spezielle Fort- und/oder Weiterbildungen vor? 

b. Wenn ja, welche und von wann? 

12. Wie kann das Bezirksamt zukünftig verhindern, dass Regisseur:innen, die an Institutionen im Land Berlin/Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf engagiert werden, lebende Tiere in ihren Produktionen verwenden? 

13. Wie bewertet das Bezirksamt den Einsatz von lebenden Tieren, besonders im Hinblick darauf, dass der Tierschutz als Staatsziel in Artikel 20 a des Grundgesetzes verankert ist? 

14. Wie kann zukünftig verhindert werden, dass rechtswidrige Genehmigungen durch Amtstierärzt:innen erteilt werden? 

a. Welche übergeordnete Amtsaufsicht könnte installiert werden?

Zu den Fragen 1 bis 14 wird wie folgt Stellung genommen:

Aufgrund der Sachzusammenhänge werden die Fragen größtenteils zusammen beantwortet.  Am 15. Mai 2023 wurde das Bezirksamt durch die Landestierschutzbeauftragte und durch die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V. über eine Tierschutzanzeige einer Mitarbeiterin der Deutschen Oper Berlin informiert, die Tierschutzverstöße bei der Zurschaustellung eines Esels im Rahmen der Oper „Der Barbier von Sevilla“ dort angezeigt hatte. Die beschriebenen Verstöße waren bei einer Aufführung Anfang Mai festgestellt worden. Dem Bezirksamt war bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt, dass lebende Esel bei dieser Opernaufführung eingesetzt werden.

Da die Oper „Der Barbier von Sevilla“ zum Zeitpunkt dieser Anzeige vorerst nicht mehr in der Deutschen Oper aufgeführt wurde, konnte keine tierschutzrechtliche Beurteilung durch das Bezirksamt erfolgen. Die Anzeige wurde daher an die Behörde zur weiteren Bearbeitung abgegeben, die die tierschutzrechtliche Genehmigung gemäß § 11 für die Tierschule, die den Esel zur Verfügung gestellt hatte, erteilt hat. Betriebssitz dieser Tierschule war das Bundesland Sachsen.

Da sich die Fragen 1, 2, 3, 5, 6, 7 und 9 auf die Aufführung Anfang Mai beziehen, wird um Verständnis gebeten, dass diese aus den vorgenannten Gründen nicht vom Bezirksamt beantwortet werden können. Weiterführende Angaben gingen aus der Anzeige auch nicht hervor. 

Da laut Spielplan weitere Aufführungen des Barbiers von Sevilla ab September 2023 geplant waren, nahm das Bezirksamt Anfang August Kontakt mit der Deutschen Oper Berlin bezüglich des erneuten gewerbsmäßigen Zurschaustellens eines Esels auf. Es wurde mitgeteilt, dass die erste Aufführung am 06.09.2023 geplant sei und dass am 02.09.2023 eine Generalprobe stattfinden würde, unter Beteiligung von zwei Eseln, die von einer anderen Filmtierschule, diesmal aus dem Bundesland Schleswig-Holstein zur Verfügung gestellt würden. Es sollte eine gemeinsame tierschutzrechtliche Kontrolle am 02.09.2023 im Vier-Augen-Prinzip durchgeführt werden, damit das gewerbsmäßige Zurschaustellen der beiden Esel in der Deutschen Oper tierschutzrechtlich geprüft werden kann. Eine solche Begehung war aus tierschutzrechtlicher Sicht notwendig, um mögliche Gefahrenstellen für die Tiere im Vorfeld aufzufinden und zu beseitigen. 

Mögliche Gefahrenstellen auf der Opernbühne können zum Beispiel ein zu enger oder zu steiler oder zu schlecht beleuchteter oder mit Hindernissen verbundener Laufweg vom Transportfahrzeug im Hof bis zum Einsatzort auf der Bühne sein.  Bei Inaugenscheinnahme der Verhältnisse vor Ort wurde durch die kontrollierenden amtlichen Tierärztinnen das Vorhaben als nicht tierartgerecht eingeschätzt. Daraufhin wurde die Kontrolle seitens der Filmtierschule abgebrochen, so dass es für die kontrollierenden amtlichen Tierärztinnen keine Möglichkeit mehr gab, diese tierschutzrechtlichen Bedenken im realen Einsatz der beiden Tiere zu überprüfen. Es wurde dargelegt, dass einem Einsatz der Esel nur zugestimmt werden kann, wenn dieser vorab hinreichend tierschutzrechtlich geprüft wurde. Dies war nach dem Abbruch der Kontrolle nun nicht mehr möglich.

zu Frage 4:

Die Deutsche Oper hat keine Erlaubnis nach § 11 Tierschutzgesetz, da sie keine verantwortliche Tierhalterin ist. Bei Unternehmen, die eine erlaubnispflichtige Tätigkeit nach § 11 Tierschutzgesetz an wechselnden Orten ausüben, ist für die Erteilung der Erlaubnis die Behörde des Ortes zuständig, an dem das Unternehmen üblicherweise seinen Sitz hat oder als Gewerbe angemeldet ist. Diese Zuständigkeitsregelung wurde in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes im Jahr 2000 getroffen.

zu Frage 8:

Das Bezirksamt beurteilt und prüft die tierschutzrechtlichen Anforderungen, die an Tiere im Rahmen von gewerblichen Zurschaustellungen gestellt werden und nicht deren Bildungs- oder Kunstauftrag.

zu Frage 10:

Das gewerbsmäßige Zurschaustellen von Tieren ist eine erlaubnispflichtige Tätigkeit gemäß § 11 Tierschutzgesetz. Mit welchen Auflagen und inhaltlichen Bestimmungen eine derartige Erlaubnis verbunden ist, legt die Behörde fest, die diese Erlaubnis erteilt. (vgl. hier demnach dann Schleswig-Holstein). 

zu Frage 11:

Die tierschutzrechtliche Kontrolle am 02.09.2023 wurde durch zwei amtliche Tierärztinnen des Bezirksamtes durchgeführt. Beide Tierärztinnen sind Fachtierärztinnen für öffentliches Veterinärwesen mit langjähriger Berufserfahrung. Eine der beiden amtlichen Tierärztinnen hat selber langjährige Erfahrung in der Haltung von Eseln. 

zu den Fragen 12 und 13:

Das gewerbsmäßige Zurschaustellen lebender Tiere ist nach dem Tierschutzgesetz nicht verboten. Für die tierschutzrechtliche Beurteilung des gewerbsmäßigen Zurschaustellens im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf sind die amtlichen Tierärztinnen des Bezirksamtes zuständig. Grundlage für die Beurteilung ist die Umsetzung des Grundsatzes des Tierschutzgesetzes, der besagt, dass niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen darf.  So ist es zum Beispiel verboten, einem Tier außer in Notfällen Leistungen abzuverlangen, denen es wegen seines Zustandes offensichtlich nicht gewachsen ist oder die offensichtlich seine Kräfte übersteigen.

zu Frage 14:

Wie bereits ausgeführt, erfolgt die tierschutzrechtliche Genehmigung durch die Behörde, in der die Tierschule ihren Sitz hat. In beiden benannten Vorfällen war dies nicht das Land Berlin, daher wurden durch das Bezirksamt keine Genehmigungen bzw. Erlaubnisse erteilt.

Mit freundlichen Grüßen

Oliver Schruoffeneger

Abteilung Ordnung, Umwelt, Straßen und Grünflächen